Eine spezielle Form der Samenausbreitung - Myrmekochorie


In einem früherem Post wurde bereits über die Sexualität im Pflanzenreich berichtet, bei der sich am Ende ein oder mehrere Samen bilden. Wenn diese dann auskeimen, entstehen wieder neue Pflanzen.
Nun ist es für die Pflanzen von Vorteil, wenn der jeweilig eigene Samen in einer gewissen Entfernung von der Mutterpflanze auskeimt, sonst machen die neuen Pflanzen und die Mutterpflanze sich gegenseitig zu große Konkurrenz (Ressourcen wirken dann eventuell limitierend). Das kann verhindert werden, indem die Samen durch unterschiedliche Mechanismen von ihrem Entstehungsort weggebracht werden.

Die Ausbreitungmechanismen werden in verschiedene Gruppen unterteilt, wobei die Ausbreitung durch Tiere (Zoochorie) eine große Rolle spielt. Sie wird weiter in Untergruppen untergliedert. Neben der Klettverbreitung und Verbreitung durch Fressen der Früchte und anschließendes Ausscheiden der Samen können auch die Samen durch Ameisen verbreitet werden (Myrmekochorie). Letzteres soll in diesem Post genauer unter die Lupe genommen werden.

Myrmekochorie leitet sich von den griechischen Wörtern Myrmex und choreo ab (Myrmex = Ameise; choreo = ich wandere, gehe) und sie ist bei etwa 3000 Pflanzenarten bekannt. In unseren Breiten sind ca. 30 % aller Arten ameisenverbreitet, wobei sie alle krautige Pflanzen sind. In den Tropen gibt es auch Bäume, deren Samen durch Ameisen verbreitet werden. Zu den deutschen Myrmekochoren (so heißen die Pflanzen, deren Samen durch die Ameisen verbreitet wird) gehören u. a. die Veilchen, verschiedene Taubnesselarten, der Ehrenpreis und das Buschwindröschen. Auffällig ist, dass viele Frühblüher Myrmekochoren sind.

Es gibt ein sogenanntes myrmekochores Syndrom, was den meisten Pflanzenarten gemein ist, die ihre Samen durch Ameisen verbreiten lassen. Dieses Syndrom ist vor allem gekennzeichnet durch das Elaiosom (links im Bild die hellen Anhängsel an den Samen). Es handelt sich dabei um einen Fettkörper, der an den Samen hängt und reich an Fettsäuren, Aminosäuren und Zuckern ist. Er dient gleichzeitig als Tragegriff für die Ameisen, damit diese die Samen in ihre Nester bringen. Das sehr nahrhafte Elaiosom wird dann von den Ameisen gefressen oder an deren Brut verfüttert. Die Pflanzensamen selbst verbleiben oft in den Nestern oder werden wieder herausgetragen.
Ein weiteres Kennzeichen für Myrmekochore ist, dass sie zeitlich mit der Hauptameisenaktivität synchronisiert fruchten. Sie gelangen auch schnell zur Fruchtreife und die Samen sind an den Boden angenähert, damit sie auch leicht für die Ameisen auffindbar sind.

Die Myrmekochoren lassen sich noch einmal in verschiedene Gruppen einteilen, z. B. nach Grad der Spezialisierung oder in obligate und fakultative Myrmekochoren. Obligat, wie zum Beispiel der Haselwurz (Asarum europaeum) sind sie, wenn sie nur durch Ameisen verbreitet werden und fakultativ, wenn sie auch noch zusätzliche Ausbreitungsstrukturen besitzen, wie zum Beispiel das Waldveilchen (Viola reichenbachiana, siehe rechtes Foto), das sich auch über das Wegschleudern der Samen (Ballistochorie) ausbreitet. Hier sind die Fettkörper der Samen deutlich kleiner als bei den obligaten Myrmekochoren.

Was sind nun die Vorteile für die Ameisen und die Myrmekochoren?
Bei den Ameisen ist es ganz augenscheinlich, dass die Samen mit den Elaiosomen eine sehr nahrhafte Delikatesse darstellen. Es fällt auch auf, dass einige Elaiosomen bereits an Ort und Stelle verspeist werden und die Samen einfach liegen gelassen und nicht in das Nest eingetragen werden. Das wäre dann für die Pflanzen weniger von Vorteil. Außerdem sind die Samen in den Ameisennestern vor physikalischen Extremen, wie Sommerhitze und Feuer, sowie vor Samenräubern geschützt. Sie treffen in den Nestern auf eine gute Habitatqualität, die Umgebung ist nährstoffreich und der Boden ist aufgelockert. Das eigentliche Ziel ist aber die Ausbreitung in der Form, dass die Samen von ihrem Entstehungsort von den Ameisen weggebracht werden, damit sich der Wettbewerb zwischen Eltern und Geschwistern verringert und der Genpool durchmischt wird. Große Bedeutung erhält die Myrmekochorie an den Orten, wo andere Ausbreitungsmöglichkeiten fehlen (z. B. kein Wind auf dem Waldboden).

Die Kosten für diese Ausbreitungsstrategie sind nicht zu unterschätzen. Das Elaiosom dient schließlich nur der Anlockung der Ameisen und die darin steckende Energie steht letzen Endes nicht dem Keimling zur Verfügung. Somit werden insgesamt wohl eher wenige Samen pro Pflanze gebildet.
Aber glücklicherweise hat sich die Myrmekochorie bei vielen Frühblühern durchgesetzt, sonst hätten wir nicht so einen schönen Augenschmaus kurz nach dem Winter.



Bildnachweis:
http://upload.wikimedia.org/wikipedia/commons/a/a6/Meat_eater_ant_feeding_on_honey02.jpg http://upload.wikimedia.org/wikipedia/en/d/dc/Monadenium_mafingense_seed_ies.jpg
http://denotaportfolio.blackhydra.com/antSeed.jpg
http://upload.wikimedia.org/wikipedia/commons/b/b0/Wald-Veilchen.jpg

1 Kommentar:

  1. es fehlt wie die ameise es schaft die pflanze zu verbreiten!

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