Die Welt der Naturstoffchemie

Die Welt der Naturstoffchemie ist groß und vielfältig. Sie befasst sich mit allen metabolisch entstandenen organischen Verbindungen, die aus Mikroorganismen, Pflanzen und Tieren isoliert werden können.
Wie dieses Isolieren auf ganz einfacher Weise vor sich gehen kann, das zeigte uns von Markgraf. Er hatte es 1749 geschafft die Ameisensäure (Methansäure) in einer sehr reinen Form zu isolieren. Dafür benötigte er ein Feuerchen, einige laboratorsiche Geräte, viel Zeit und noch mehr Ameisen. Er brauchte tausende um wenige Tropfen Ameisensäure zu isolieren. Damit war der erste Schritt in Richtung angewandter Naturstoffchemie gemacht. Ich möchte hier einige interessante Dinge aus der Naturstoffchemie erzählen. In Zukunft werden weitere Kurze Exkurse folgen.



Mit Alkohol riechts besser

Die Tennissocken schon lange nicht gewechselt? Das wird einem spätestens dann klar, wenn ein stechender Geruch aus den Schuhen in die Nase kriecht. Schuld ist unter anderem ein Stoff namens Buttersäure. Eine Carbonsäure mit 4 C-Atomen. Was passiert nun, wenn wir diese Verbindung mit Alkohol verestern? Wir erhalten Buttersäuremethylester. Und dieser ist die Grundkomponente des Apfelgeruchs. Ob sie nun ihre Socken unbedingt zwei Wochen tragen und in Absolut Wodka ersäufen müssen, um dieses Experiment nachzuholen ist fraglich. Schließlich ist in ihren Socken noch mehr als Buttersäure drin.


Ein weiteres Experiment dieser Art benötigt ein Ziegenfellextrakten. Dieses ist ebenfalls eine Carbonsäure, die Capronsäure (6 C-Atome). Ziegen riechen meist sehr streng. Doch mit einem einwertigen Alkohol verestert (Methanol) erhalten wir Carpronsäuremethylester. Und dies ist der wichtigste Bestandteil des Ananasduftes. Falls Ihnen bei der nächsten Sektbowle auch eine Ananas ins Glas rutscht, denken sie vielleicht unwillkürlich an einen struppigen Almenvierbeiner.



Warum die Briten einen Spermawal haben

In Deutschland nennen wir ihn Pottwal. In Britanien hingegen heißt er Spermwhale. Diesen Namen verdankt der riesige Meeressäuger einem Organ, das in seinem Kopf lokalisiert ist. Es wird Spermacetiorgan genannt. Früher ging man davon aus, dass dort ein riesiger Spermavorrat sei. Spätere Analysen ergaben aber, dass es sich nicht um Sperma, also Zellen, sondern um Cetylpalmitat handelt. Dieses gehört zu den Wachsen und ist lediglich 2 C-Atome länger als das Wachs der Bienen.

Bleibt nur noch die Frage, wozu stopft sich der Wal eine Wachsdrüse in den Schädel und trägt zwei bis fünf Tonnen(!) Wachs mit sich herum? Wer eine Lavalampe hat, dem wird das schnell klar. Er benötigt es um schneller auf- und abtauchen zu können. Will er abtauchen, dann lässt er durch sein Ausblasloch auf der Kopfoberseite Wasser einströmen und das Wachs kühlt ab. Dabei wird es dichter, der Wal kann tauchen.
Zum Aufsteigen wird die Durchblutung des Organs angeregt, das Wachs erwärmt sich, die Dichte sinkt (es dehnt sich also aus) und der Wal steigt auf, wie eine Wachsblase in der Lavalampe.


Weiche Seife, weiche Butter?

Manchmal kommt man in der Wissenschaft mit Analogien weiter. Manchmal liegt man aber auch total daneben. Am Beispiel von weicher Seife und Butter wird das deutlich.
Butter besteht zum Großteil aus Fett. Dieses wiederum besteht neben dem Grundbaustein Glycerin aus vielen sehr verschiedenen Fettsäuren. Letztere sind lange Kohlen-Wasserstoffketten (durch Zickzacklinien in der Chemie veranschaulicht, hierbei ist jede Ecke ein Kohlenstoffatom, mit den dazugehörigen Wasserstoffatomen). Fettsäuren unterscheiden sich untereinander durch ihre Länge (Anzahl an C-Atomen) und durch gegebenenfalls Doppelbindungen (hierbei fehlen zwei benachbarten C-Atomen insgesamt zwei Wasserstoffatome; sie bilden untereinander eine Doppelbindung aus um den Ladungsverlust auszugleichen). Ist eine Fettsäure an mindestens einer stelle mit einer Doppelbindung versehen nennt man sie ungesättigt. Hat sie mehr als eine Doppelbindung, ist sie mehrfach ungesättigt.
An einem Glycerin (ein dreifach Alkohol) hängen immer drei Fettsäuren. Sind alle drei gesättigt liegen sie perfekt neben einander. Viele gesättigte Fettmoleküle lagern sich parallel zu einander aus und gehen schwache Wechselwirkungen ein, die in ihrer Gesamtheit aber zu einem festen Aggregatzustand führen. Harte Butter besteht also überwiegend aus gesättigten Fettsäuren.
Was passiert nun aber bei ungesättigten Fettsäuren, wie zum Beispiel der Ölsäure (rechts)? Bei ihnen kann es dazu kommen, dass sie zu den Seiten hin ausscheren. Das liegt an den veränderten Bindungswinkeln einer Doppelbindung. Je mehr ungesättigte Fettsäuren in einem Fettmolekül, desto unförmiger ist es. Dann ist nichts mehr von seiner linearen Form erkennbar. Viele ungesättigte Fettmoleküle können sich nur noch schlecht aneinander lagern. Sie sind also für einen viskoseren, flüssigeren Aggregatzustand verantwortlich. In tierischen und pflanzlichen Ölen ist der Großteil der Kohlenstoffketten also ungesättigt.

Und was ist mit der Seife? Es gibt doch feste und flüssige Seife? Liegt das auch an den Fettsäuren?
Nun, diese Schluß liegt nahe, denn Seifen sind nichts anderes als die Salze der Fettsäuren. Das heißt, das es zum Fettsäureanion ein so genanntes Gegenion gibt. Doch in der Tat ist hier nicht von Interesse, ob die Fettsäuren nicht oder mehrfach ungesättigt sind, sondern, welches Gegenion die Fettsäure hat. Ist es das Natriumkation, ist die Seife fest, ist es das Kaliumion, dann ist die Seife flüssig. Durch den Anteil an Natrium und Kaliumionen kann der Aggregatzustand genau eingestellt werden.
Ein Beispiel dafür, dass nahe liegendes nicht immer funktionieren muss.

Im Übrigen sei hier noch die gesunde Wirkung von mehrfach ungesättigten Fettsäuren erwähnt. Die Doppelbindungen sind leichter vom Körper angreifbar. Mit weniger Energieaufwand kann der Körper also die Fettsäuren in kleine Stücke zerlegen. Bei gesättigten Fettsäuren muss bei weitem mehr Energie für den Fettabbau investiert werden. Die Bilanz fiele also geringer aus.


Bildnachweis:
http://www.sxc.hu/browse.phtml?f=download&id=895123
http://www.sxc.hu/browse.phtml?f=download&id=407388
http://www.sxc.hu/browse.phtml?f=download&id=654741
http://upload.wikimedia.org/wikipedia/commons/thumb/6/69/Goats_climbing_hill.jpg/800px-Goats_climbing_hill.jpg (by Fir0002)
http://upload.wikimedia.org/wikipedia/commons/6/61/Physeter_macrocephalus_jumping.jpg
http://upload.wikimedia.org/wikipedia/commons/4/45/NCI_butter.jpg
http://www.sxc.hu/browse.phtml?f=download&id=614666

Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen