Wenn Wachstum zum Tode führt - 2,4-D

Wenn man durch ein Getreidefeld stapft, kann es einen schon wundern, wie fast ausschließlich die gesäten Samen von zum Beispiel Weizen oder Mais wachsen, aber sich kaum Unkraut zwischen den Beständen befindet. Dies erreicht man in der Landwirtschaft vor allem durch den Einsatz von Herbiziden, also Mitteln gegen bestimmte Pflanzen. Doch wie kann das Herbizid gezielt Unkräuter vernichten und wie wirkt es überhaupt? Dieser Post befasst sich mit dem Herbizid 2,4-D, seiner Wirkung und seiner Spezifität.


Es gibt sicherlich viele Wege, wie man das Leben einer Pflanze erheblich verkürzen kann. Zum Beispiel könnte man sie abschneiden oder eine hohe Dosis an Salz dem Giesswasser zufügen,oder die Blätter mit schwarzer Farbe einstreichen. Doch bei all den vielen Möglichkeiten stellt sich die Frage: was ist eine effektive Möglichkeit und belastet dabei gleichermaßen weder die Umwelt noch die Saat?


Dabei ist es aber, egal wie spezifisch ein Herbizid auch immer wirken mag, wohl niemals möglich, dass das verwendete Herbizid nur auf der Zielfläche wirkt. Denn durch den Regen gelangen die Herbizide in den Boden und damit ins Grundwasser, wo sie in die weitere Umgebung gelangen.


Ein Herbizid, das unter dem Namen 2,4-D bekannt geworden ist, ist 2,4-Dichlorphenoxyessigsäure (unten die Strukturformel). Diese Verbindung wirkt wie das Pflanzenhormon Auxin. Beide induzieren das Streckungswachstum des Pflanzensprosses. Im Unterschied zum natürlichen Auxin kann 2,4-D von der Pflanze nicht abgebaut werden. Die Signale zum weiteren Wachsen werden also ununterbrochen ausgelöst. Ähnlich wie Auxin führt 2,4-D dazu, dass die Zellteilung sich erhöht. Dabei wird also die DNA- und RNA-Syntheserate stark nach oben gesetzt. Da die Zellvermehrung energetisch kostspielig ist, führt das permanente Wachsen zunächst zum Speicherstoffabbau und schließlich zum Tode der Pflanze.


Wie ist es nun möglich ganz gezielt gegen Unkräuter vorzugehen, ohne dabei zum Beispiel Weizen, Roggen, Hafer, Mais und andere Gräser zu vernichten? Es liegt an dem grundsätzlich anderen Aufbau der Cuticula (der äußeren Schutzhaut auf den oberirdischen Pflanzenteilen, im Bild mit C bezeichnet). Sie unterscheidet sich bei den als Monokotylen und Dikotylen (die meisten Unkräuter sind dikotyl)

bezeichneten Pflanzen. Zu Monokotylen (Einkeimblättrige Pflanzen) zählen Lilien, Zwiebeln, Orchideen, Gräser (also auch Getreide, Mais und Reis), Agaven, Spargel und noch andere. Als Dikotylen (Zweikeimblättrige) bezeichnet man eine ganze Reihe von Pflanzen, wie zum Beispiel Rosen, Sonnenblumen, Platterbse, Ackerwinde und noch viele andere. Die Cuticula der Monokotylen ist undurchlässig für 2,4-D, die der Dikotylen aber nicht. Dies macht den entscheidenden Unterschied zwischen dem Unkraut und dem Getreide aus.


Ein Punkt sei noch zum Schluß genannt. Wie sich in Experimenten gezeigt hat, gingen Versuchspflanzen (Dikotyle und Monokotyle) ein, nachdem sie mit einer 2,4-D Lösung gegossen wurden. Dies weißt darauf hin, dass die Wurzeln der beiden Gruppen keinen Schutz gegen dieses Herbizid im Bereich der Wurzeln aufweisen. Die Spezifität kann also nur erreicht werden, wenn das Herbizid in geringen Mengen auf die Pflanzen aufgesprüht werden.




Bildnachweis:

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